Vertraue deiner Intuition – auch wenn nicht immer Platz für sie da zu sein scheint

Intuition. Bauchgefühl. Innere Stimme. Wir können es nennen, wie wir es möchten, das Phänomen bleibt gleich. In diesem Text möchte ich es vor allem die „innere Stimme“ nennen. Für mich persönlich macht dieser Name am meisten Sinn.

Meine innere Stimme ist manchmal fünf Jahre alt, manchmal zwölf und wieder in anderen Situationen bereits siebzehn. Sie ist selten vierundzwanzig Jahre alt, so alt wie ich momentan auf dem Papier bin. In der letzten Zeit bemerke ich wieder, wie sehr sie mir gefehlt hat und ich bin so glücklich, dass sie wieder da ist. Mit all ihren Eigenheiten.

Deine innere Stimme ist nicht immer nett zu dir. Manchmal ist es besonders schwer herauszuarbeiten, was denn genau deine innere Stimme ist. Da gibt es Glaubenssätze, die dir sagen, wie man zu sein hat. Die können sich festgesetzt haben und die Stimmen der Gesellschaft sein, eine Stimme von einem:einer Freund:in sein oder die von deinen Eltern sein. Deine innere Stimme hat dann Formen angenommen, die sich aus anderen und durch andere Stimmen entwickelt haben. Glaubenssätze sind dann besonders schlimm, wenn sie dauerhaft da sind und zum Beispiel ein Teil einer mentalen Krankheit sind. Dann ist es besonders schwer, auf deine innere Stimme zu hören. In so einem Fall musst du erst herausfinden, was deine innere Stimme überhaupt ist und vor allem herausfinden, wann sie von schädigenden Gedanken zurückgehalten wird.

Deine Intuition möchte dich schützen. Sie ist auch die Stimme, die dir sagt, wenn dir etwas Angst macht. Ist vielleicht manchmal auch echt nervig und vor allem – fehl am Platz. Ängste bzw. Unsicherheiten können Rückstände eines Sicherheitsprogrammes sein, dass du dir als Kind, als Teenie oder auch als (junge:r) Erwachsene:r aufgebaut hast. Und ich kann mittlerweile über mich zumindest sagen, dass das auch notwendig war. Sei stolz auf dich. Und dann, in einem nächsten Schritt, schaue, ob du dieses Sicherheitsprogramm für dein gegenwärtiges Leben noch willst bzw. überhaupt (immer) brauchst. Es ist okay, Teile von dir abzulegen, um ein leichteres Leben zu führen.


Seit zwei Jahren ist mein Leben anders. Das Leben in meinem Kopf hat sich verändert. Vor zwei Jahren habe ich für einen Moment einen richtig klaren Blick bekommen und durch dieses neue Sehen erst verstanden, wie schlecht es mir eigentlich geht. Das hat keine Therapie, kein gut gemeinter bzw. hilfreicher Rat ausgelöst. Der klare Blick war meine innere Stimme bzw. meine Intuition, die mir gesagt hat, dass ich einem negativen Gefühl nachgehen muss. Mein Leben ist seitdem chaotischer, schmerzvoller und anders belastend, aber auch um so viel besser. Ich glaube, ich weiß es jetzt, wie ich mich fühle, wenn ich wirklich gut geschlafen habe. Wenn ich mich wirklich über etwas freue und wie es sich anfühlt, sich wirklich aus vollem Herzen mit anderen zu freuen. Ich weiß jetzt, wie ich bin, wenn es mir gut geht. Und ich weiß jetzt, dass es einem Menschen gut gehen kann – und gleichzeitig auch noch Abgründe, (erneut) aufgerissene Wunden oder frisch verheilte Narben existieren können.

Natürlich kann man nicht alles allein schaffen und sich Hilfe zu holen ist stark. Nicht nur stark, es bedeutet für mich vor allem, dass du dich um dich selbst kümmerst! Und trotzdem vergiss bei (was auch immer du gerade in deinem Leben verfolgst) nicht, dass du dich in erster Linie immer auf dich verlassen kannst. Du bist die Person, die für dich da ist. Du bist die Person, die ihr leben besser (was auch immer das für dich bedeuten mag) haben möchte. Ihren Träumen, Wünschen und auch voll berechtigten Zielen hinterhergeht. Du bist vor allem die Person, die dich durch dein Leben trägt. Niemand kann dir deine Kämpfe abnehmen, dich aber natürlich dabei unterstützen. Du bist die Person, auf die es ankommt. Jede:r von uns ist wertvoll und wichtig.

Das schwierige an der Sache ist: sobald man seine Intuition (wieder)gefunden hat und gut behandelt, möchte man natürlich auch nach ihr handeln. In unserem Leben ist aber leider nicht immer Platz für sie. Und dann wird man anfangen, Dinge zu priorisieren. Und das ist etwas Schönes. Auch wenn das bedeuten kann, einen Urlaub sausen zu lassen, nicht zu einem Seminar zu erscheinen und stattdessen im Bett zu liegen oder raus zu gehen für einen Spaziergang. Es wäre vielleicht zu schön, um wahr zu sein, sein Leben dauerhaft um seine Intuition herum zu gestalten. Das geht nicht und wäre auch nicht immer sinnvoll. Aber wenn dir deine innere Stimme deine Grenzen zeigt, dann ist es wichtig, das ernst zu nehmen. Auch wenn es womöglich nicht jede:r verstehen kann (und es auch nicht immer geht! Das ist mir schon klar), wichtig ist zunächst, dass du es siehst und verstehen kannst, was du gerade brauchst.


Und mit diesem Wissen hört vielleicht die fieberhafte Suche im Außen auf und wird zu einer Suche im Inneren, denn es gibt so viel zu ergründen. Und diese Reise hört wohl niemals auf.

Fotografin: Vanessa Spörl 🖤

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