Ich liebe mich, Ich hasse mich

Und wer bin ich eigentlich ohne Tabletten?

Eine Frage, die mir seit ein paar Tagen den Schlaf raubt. Vor nun mehr 3 Wochen habe ich beschlossen, einen neuen alten Weg einzuschlagen. Nachdem ich fast ein Jahr auf einem Antidepressivum (Sertralin) eingestellt war, habe ich meinen Mut zusammen gefasst und mir zum Ziel gemacht, es ohne zu schaffen. Quasi nüchtern. Da es nicht das erste Mal für mich war, konnte ich einige Absetzerscheinungen absehen und einordnen. Ich sag’s wie’s ist: Schön ist was anderes. Doch was mich motiviert hat dran zu bleiben war die Tatsache, endlich wieder etwas zu spüren! Das beinhaltet natürlich das Schöne im Leben, doch auch das Gruselige, Hässliche. Die Ängste, die Trauer, der Schmerz. Alles wirkt plötzlich wieder so groß und unberechenbar. Ich bin immer wieder beeindruckt davon, was eine kleine Pille bewirken kann. So groß wie ein Babyfingernagel packt es dein Gehirn in Watte und wiegt es zum Summen von alten Kinderliedern in Sicherheit. Ok, zugegeben, das mit den Liedern war quatsch, ich war ja nicht high. Nur betäubt. Manch einer würde das vielleicht präferieren. Ich für meinen Teil stehe auf intensive Gefühle und das Leben generell (man mag es kaum Glauben) und habe mich sehr darüber gefreut, das bunte Blumenbouquet an Emotionen zurück zu bekommen.

Nun, 3 Wochen nach Absetzen, spüre ich mich also wieder in voller Gänze. Und denke wieder mehr nach, denn die Luftpolsterfolie um mein Hirn ist weg und mich erreichen wieder sämtliche Reize der Außenwelt. Bildlich gesprochen ein Tsunami an Impulsen überrollt mich jeden Tag und bringt noch ein bisschen mehr Dynamik in meinen eh schon wuseligen Chaoskopf und da ist nichts mehr, was mich von innen heraus vor mir selber schützt. Wenn es in meinem Kopf dann ausieht wie auf einer 8 spurigen Autobahn, auf der voller Betrieb bei 250 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit herrscht, begleiten mich zwei Gefühle: Euphorie, da ich voller Tatendrang stecke und ganz viele tolle Dinge ganz schnell machen möchte. Und Angst. Denn wenn nur ein Auto beschließt zu bremsen crasht es, und zwar gewaltig. Und ein Crash bedeutet natürlich, klar, Panikattacke. (Wer mehr darüber wissen möchte: https://stimmfang.com/2022/04/17/vor-mir-die-hoffnung/) Gott wie ich das hasse, wie ich MICH dann hasse.

Ich war schon einige Mal kurz vor einem Crash, da bin ich mir sicher. Die letzten Tage zweifel ich daher besonders daran, ob Absetzen die richtige Entscheidung war und befinde mich in einem konstanten Struggle zwischen dem Pathologisieren bestimmter Charaktereigenschaften („Was ist die Krankheit und was davon bin Ich?“) und dem Realisieren, dass man doch die gleichen Probleme durchlebt wie alle anderen auch. Ich bin NICHT meine Erkrankung.

Jetzt heißt es erneut, sich selbst kennen zu lernen. Was kann ich also tun damit es mir besser geht? Ich habe 3 Jahre Verhaltenstherapie hinter mir, ICH WEIß DOCH WAS ICH TUN MUSS!! Manchmal sind die Dinge so einfach und doch so schwer. Wenn ich es nicht alleine schaffe dieses Wissen abzurufen helfen mir gute Freunde auf die Sprünge. Ich liebe das so. Einige kennen mich besser als ich mich selbst, erinnern sich an ähnliche Situationen die ich bereits durchlebt habe und bringen Licht ins Dunkle (an dieser Stelle: Danke!) und wenn der Schatten, die Zweifel sich verzogen haben sehe ich da mich, in voller Blüte, mit allen Makeln. Das Wilde, das Zerstreute, das Kreative, das Empathische, das Laute, das Beharrliche, das ich-weiß-was-ich-will-und-ich-hole-es-mir, all diese Seiten, dich mich täglich gleichermaßen verunsichern und mit Stolz erfüllen. Ich liebe mich so wie ich bin. Ich muss mich nur sortieren. Dieser Artikel soll mich daran erinnern.

Danke für eure Aufmerksamkeit!
Lasst es euch gut gehen,
Amira

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